XXXIX Rabea Eipperle
06.02.04 21.02.04
Redest du mit mir?
Sie darf das, weil sie Künstlerin ist. Und sie
meint es ja auch nicht so. Wir dürfen dabei zuschauen,
ohne dass sie uns wirklich sehen könnte, obwohl
sie uns direkt in die Augen stiert und wir dem Blick
begegnen müssen und uns anpissen lassen. Zum Glück
wohnen wir nicht einer dieser Performances bei, während
der die Zuschauer so richtig erschreckt und bedroht
werden; wir gucken ja bloß fern.
Rabea Eipperles Videoinstallation hat trotzdem etwas
Quälendes. Auf drei Monitoren zeigt sie Standbilder
leerer Interieurs, die sich mit kurzen, aggressiven
Sprechszenen abwechseln. Diese verbalen Attacken zitieren
aus Spielfilmen, in denen das Gewaltsame als einzig
verfügbare, quasi natürliche Verhaltensform
jede Handlung bestimmt (Trainspotting, Taxi Driver,
Reservoir Dogs). Der Reiz dieses Genres entsteht bekannterweise
aus dem Konflikt, den es dem Publikum aufzwingt: Wir
müssen und wir wollen das Arschloch lieben und
mit dem Bösen fühlen, wir meinen es ja nicht
so, wie gesagt, aber das Angebot ist unwiderstehlich.
Rabea Eipperle führt dieses Identifizieren weiter
zur Verkörperung des Filmfieslings. Wie eine Karaoke-Show
ist ihre Nachahmung aber weder auf die Illusion des
Echten noch auf das Parodieren aus. Die Täuschung
müsste ohnehin daran scheitern, dass dem Publikum
die Gewohnheit und die Bereitschaft fehlen, eine unmoralische
Killer-Schlampe als filmisches Alter Ego zu mögen.
Das geht nur mit einem Kerl, und auch deshalb ist es
so schwer erträglich, wenn die Künstlerin
auf dem Bildschirm plötzlich zur Aggressorin mutiert.
In den drei Sequenzen von Redest du mit mir? wird auf
unterschiedliche Arten mit den Vereinbarungen zwischen
Subjekt und Objekt des filmischen Sehens gebrochen.
Rabea Eipperle benutzt die aufdringlichen Klischees,
über die ihre Zitate funktionieren, und legt sie
mit einfachen Mitteln vollkommen lahm. Damit erzielt
sie groteske Effekte, aber sie löst das freiwillig
Tragische nicht ganz im Komischen auf. Das müssen
wir aushalten.
(BC)
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